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MUNZINGER Personen

Dietrich Schwarzkopf

deutscher Fernsehjournalist; Programmdirektor der ARD (1978-1992); CDU
Geburtstag: 4. April 1927 Stolp/Pommern
Todestag: 21. Januar 2020 Starnberg
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 27/2020 vom 30. Juni 2020 (sb)


Blick in die Presse

Herkunft

Dietrich Schwarzkopf, kath., wurde 1927 als Sohn eines Tierarztes in Stolp (Pommern) geboren.

Ausbildung

Nach Oberschulbesuch in Babelsberg, Berlin und Cottbus (Kriegsabitur) begann Sch. 1945, als Volontär des Preußischen Geheimen Staatsarchivs in Berlin zu arbeiten. Ein Jahr später wechselte er zum Berliner "Tagesspiegel", wo er die zum Brotberuf gewordene Archivtätigkeit bis 1950 fortsetzte. Nebenher studierte er ab 1948 Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin, wo er 1954 die Erste juristische Staatsprüfung ablegte. 1950 ging er als Austauschstudent für ein Jahr an die Staatsuniversität von Minnesota/USA, studierte dort Zeitungswissenschaft und Politologie und erwarb mit einer Arbeit über "State Responsibility for Hostile Propaganda in Peace Time" den Master-Grad.

Wirken

Print-Redakteur1952-1955 "Tagesspiegel"-Redakteur in Berlin, ging Sch. anschließend als Korrespondent dieses Blattes und anderer Zeitungen nach Bonn, schrieb Rundfunk- und Fernsehkommentare und berichtete u. a. regelmäßig von internationalen Konferenzen.

Wechsel zum Rundfunk 1962 wechselte Sch. zum Funk und leitete bis 1966 das Bonner Studio des Deutschlandfunks (DF) in Köln. Im Anschluss daran ging er zum Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg, wo er bis 1974 als Fernsehprogrammdirektor fungierte. Danach wurde er Stellvertreter von NDR-Intendant Martin Neuffer.

ARD-ProgrammdirektorAls Hans Abich altershalber seinen Posten als Programmdirektor der ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland) mit Sitz in München aufgab, wurde Sch. zu dessen Nachfolger gewählt. Am 1. Juli 1978 trat er das neue Amt an.

Mit wachsender Konkurrenz durch private Sender und sich ständig verschärfendem Wettbewerb sah Sch. das öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehsystem mit veränderten Anforderungen konfrontiert, wie dies beispielsweise im Okt. 1989 zum Ausdruck kam, als er ein gemeinsam mit dem ZDF entwickeltes neues Programmkonzept vorstellte. Zu dessen wesentlichsten Merkmalen gehörte ein gemeinsames Vormittagsprogramm mit stündlichen Nachrichtensendungen durch ARD-Aktuell sowie einem aktuellen Mittagsmagazin. Um auf dem Unterhaltungssektor den Privaten Paroli bieten zu können, müsse nach Sch.s Meinung mehr auf die Interessen der Zuschauer eingegangen und deren "Mitspielfreude" mobilisiert werden (vgl. Stgt. Z., 28.12.89). Der "Nacktheitswelle" bei der privaten Konkurrenz nachzuäffen, davon hielt er, der eine "angezogene Judy Winter ganz entschieden erotischer (findet) ... als die ganze Herde der Nackten von RTL plus", nichts. Sie sei ohnehin "vergänglich" (Das Erste, 4.4.91).

Im Aug. 1987 sprachen sich die ARD-Intendanten auf ihrer Sitzung in Saarbrücken dafür aus, dass der Vertrag von Sch., der im Nebenamt auch Koordinator für Kirchensendungen sowie für das ARD-Satellitenprogramm "EINS PLUS" zuständig war, bis 1992 verlängert werde. Ursprünglich wäre er schon vier Jahre zuvor ausgelaufen. Am 30. April 1992 wurde Sch. dann in Potsdam feierlich verabschiedet. Dieter Stolte, Intendant des "Konkurrenten" ZDF, widmete dem "unspektakulären, aber wirkungsvollen" Medienfunktionär in der Neuen Zürcher Zeitung (23.4.92) eine umfassende Würdigung. Er habe die Phase des Aufbaus der öffentlich-rechtlich organisierten Anstalten und die des zunehmenden Wettbewerbs mit den privaten wesentlich mitgeprägt. Von einem "anwaltschaftlichen Journalismus", der sich auch der Vertretung bestimmter Interessen verschreibt, habe Sch. dabei freilich nichts gehalten. Aufgabe von Journalisten sei nach dessen Ansicht vielmehr, umfassend zu informieren. Kritiker halten einem derartigen medientheoretischen wie praktischen Ansatz allerdings entgegen, dass jede Selektion von Informationen aus der schier unübersehbaren Flut des Datenangebots ebenfalls subjektiver Vorbewertungen bedarf.

Weitere Tätigkeiten 1991-1994 fungierte Sch. als Vizepräsident des europäischen Kulturkanals ARTE mit Sitz in Straßburg, einem Kooperationsprojekt von ARD, ZDF und dem französischen Kultursender La Sept. Als Leiter der Historischen Kommission der ARD (1992-2010) gab er ein zweibändiges Standardwerk zur "Rundfunkpolitik in Deutschland" heraus. Von 1979 bis 2009 war er Vorstandsvorsitzender der Deutschen Journalistenschule, deren Vertreter ihn anlässlich seines Todes im Jan. 2020 als "Meister des geschliffenen Worts, erfolgreichen Strategen, Profi des Mediengeschäfts und Vordenker des Qualitätsjournalismus" (23.1.2020) würdigten.

Familie

Sch. starb am 21. Jan. 2020 im Alter von 92 Jahren. Er war seit 1959 bis zu ihrem Tod im Juni 2011 mit der Rundfunkjournalistin Hildegard Irene, geb. Stallmach, verheiratet. Sch. mochte englische Kriminalromane und sammelte Briefmarken, speziell aus dem Jahre 1944.

Werke

Neben zahlreichen Artikeln und Beiträgen, die Sch. immer wieder zur medienpolitischen Diskussion beisteuerte, veröffentlichte er u. a. "Chancen für Deutschland" (64; zus. m. Olaf von Wrangel), "Atomherrschaft, Politik und Völkerrecht im Nuklearzeitalter" (69), "Die Macher und die Mächtigen" (89), "Zwischen Anspruch und Akzeptanz. Der öffentliche Rundfunk im Wandel" (06).

Auszeichnungen

Auszeichnungen: "SPIDEM-Kristall" für die Förderung zeitgenössischer Musik (84), "Ordre des artes et des Lettres" (93), "Besondere Ehrung" bei der Grimmepreis-Verleihung (97), Bayerischer Verdienstorden (09), Päpstlicher Silvesterorden.

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften u. a.: Kuratorium des Adolf-Grimme-Instituts, International Council der amerikanischen "National Academy of Television Arts and Sciences", Kuratorium des Hauses des Dokumentarfilms (Stuttgart).



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