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Rosemarie Trockel

deutsche Künstlerin
Geburtstag: 13. November 1952 Schwerte
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 32/2022 vom 9. August 2022 (ds)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 44/2024


Blick in die Presse

Herkunft

Rosemarie Trockel wurde am 13. Nov. 1952 als Tochter eines Beamten im westfälischen Schwerte geboren.

Ausbildung

Von 1974 bis 1978 studierte sie Malerei an der Werkkunstschule bei Werner Schriefers in Köln. Davor hatte sie "zur Beruhigung der Eltern" (SPIEGEL, 7.6.1999) ein Lehramtsstudium in Anthropologie, Soziologie, Theologie und Mathematik begonnen.

Wirken

Grenzüberschreitende KonzeptkünstlerinAb Ende der 1970er Jahre bestätigte sich T. auf vielen Feldern der Kunst. Dazu gehörten Zeichnung, Skulptur, Installation, Fotografie, Druck und parallel dazu seit Ende der 1980er Jahre auch Videoarbeiten. Bekannt wurde sie aber zunächst vor allem mit ihren auf Strickmaschinen gefertigten Strickbildern aus computergenerierten Mustern, die sich - wie ihre große Werkgruppe der Herdplattenarbeiten - mit der Konnotation politisch und soziokulturell aufgeladener Bilder beschäftigten. T. setzte sich mit der gesellschaftlichen Konstruktion spezifisch weiblicher Domänen und ihrer Demontage kühl-ironisch auseinander. Die Wollarbeiten, die 1985 im Rheinischen Landesmuseum Bonn und ein Jahr später in der Galerie der Freundin Monika Sprüth in Köln, die T. seither vertritt, einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert wurden, riefen aufgrund der strengen Reihung vertrauter Signets und ihrer Symbolkraft Begeisterung hervor.

Die als Vertreterin der konzeptualistischen Kunst bezeichnete Künstlerin, deren Arbeiten einer Reflexion über gesellschaftliche Normierungen und soziale Strukturen Ausdruck verleihen, machte sich in der internationalen Kunstszene gerade aufgrund von Grenzüberschreitungen in Themen und Gattungen einen Namen. Zu einem ersten Höhepunkt ihres Werdegangs wurde 1988 eine Projekt-Ausstellung im Museum of Modern Art in New York, in der sie statt der erwarteten Wollbilder eine Installation mit Zeichnungen und Skulpturen zeigte. Als eines ihrer zentralen Werke wurde die Arbeit 2004 auf der Art Unlimited in Basel erneut gezeigt. Es folgten Ausstellungen mit neuen Werkgruppen im In- und Ausland, etwa mit Videoarbeiten 1994 in Genf und Wien, Multiples in New York und Zeichnungsserien.

Während ihrer dreijährigen Zusammenarbeit mit dem Künstler Carsten Höller entstanden eine Reihe von ungewöhnlichen "Behausungsmodellen" für Tiere und Menschen. Ein viel diskutierter Beitrag wurde 1997 bei der "documenta X" in Kassel das "Haus für Schweine und Menschen", in dem eine echte Schweinefamilie für die Dauer der Ausstellung im gegenseitigen Blickkontakt mit den Besuchern stand. Im Jahr 2000 wurde T. erstmalig mit einer Zeichnungsretrospektive im Centre Pompidou Paris und weiteren Stationen in New York und Tilburg gewürdigt. 2002 setzte sie in der Ausstellung "Spleen" im Dia Center for the Arts mit einer neuen Werkgruppe der Moving-Wall-Arbeiten, die unter anderem als Projektionswände für ihre Videoreihe "Manus Spleen" dienten und filmische Aspekte ins Skulpturale erweiterten, sowie mit Buchentwürfen Akzente.

Themen und RezeptionT. gilt als eine der weltweit bekanntesten deutschen Kunstschaffenden der Gegenwart. Ihr Werk, das sich einer Kategorisierung entzieht, wurde 1998 in einer großen Retrospektive in der Kunsthalle Hamburg gezeigt, anschließend kam die umfassende Werkschau nach London, Marseille und Stuttgart (1999). In neun Kapitel gegliedert, zeigte sie ein großes Spektrum ihres Schaffens. So waren u. a. die im Computer entstandenen Frauen-Porträts der Serie "Beauty" zu sehen, die durch ihre unnatürliche Ebenmäßigkeit und Symmetrie beim Betrachter ein unbestimmtes Unbehagen auslösen sollten; ein Raum war den Strickbildern gewidmet. Einen anderen Fokus setzten die fotografischen Arbeiten "Paare" und die Installation "Seaworld". Diese eigens für Hamburg entstandene Installation zeigte eine Jolle, auf deren Segel ein Diaprojektor Hafenszenen projizierte. Anlässlich der Stuttgarter Schau erhielt T. den Internationalen Preis des Landes Baden-Württemberg für Bildende Kunst.

Den Stellenwert der Künstlerin in der internationalen Kunstszene dokumentierte ihre Teilnahme als alleinige deutsche Vertreterin bei der Biennale von Venedig 1999. Sie präsentierte dort eine Videotrilogie "aus Kinderauto-Parcours, futuristischem Schlaflabor und dominantem weiblichen Blick" (SPIEGEL, 7.6.1999). Mit einer großen Retrospektive unter dem Titel "Menopause" ehrte das Kölner Museum Ludwig T. im Jahr 2005. Beobachter zeigten sich voll des Lobes für die Werkschau mit Exponaten aus 25 Jahren, sie sei "voller wunderbarer Rätsel" (ZEIT, 3.11.2005). T., so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (12.1.2006), bediene "einfach keine Masche", sondern verstricke "den Betrachter ins Unbewusste der Kunst". Das Kunstmagazin art (7/10) resümierte: "Rosemarie Trockels große Kunst ist, dass sie die Widersprüche zwischen Abstraktion und Einfühlung, zwischen Konzept und Expressivem, zwischen Minimal Art und Surrealem nicht auflöst, sondern in einem produktiven Spannungsverhältnis belässt."

Neben weiteren Retrospektiven in den folgenden Jahren (Madrid, Bozen, Bregenz) erregte 2015 T.s Ankündigung, für sieben Jahre künstlerisch pausieren zu wollen, Aufsehen. Derweil stieg der Wert ihrer Werke auf dem Kunstmarkt ständig, so wurde ihr Strickbild "Untitled" im Mai 2014 für 5 Mio. US$ bei Sotheby's in New York versteigert. 2017 betätigte sie sich als Ausstatterin und machte einen "Ausflug ins Ausstattungsgewerbe" (SZ, 24.10.2017), indem sie im Düsseldorfer Restaurant Malkasten den Fußbodenbelag entwarf.

Familie

T. unterhält zwei Ateliers mit grafischen Anlagen und hat eine Assistentin. Sie lebt mit zwei Hunden, interessiert sich für Literatur und Musik und meditiert.

Werke

Einzelausstellungen in öff. Samml. u. a.: Rheinisches Landesmuseum, Bonn (86), Institute of Contemporary Art London (88), Kunsthalle Basel (88), Museum of Modern Art New York (88), Kunstverein Schwerte (90, 93, 97), Kunstmuseum St. Gallen (91), Neuer Berliner Kunstverein (91), Museum für Gegenwartskunst Basel (91), University Art Museum Berkeley (91), Museum of Contemporary Art Chicago (91), Reina Sofia Madrid (91, 92, 12), Museum Ludwig Köln (92), Statens Museum for Kunst Kopenhagen (92), The Museum of Contemporary Art Helsinki (92, 94), Kunststation St. Peter Köln (93), Neues Museum Weserburg, Bremen (93), Museum of Contemporary Art Sydney (94), Österreichisches Museum für angewandte Kunst Wien (94), Centre d'art contemporain Genf (94), The Israel Museum Jerusalem (95), Musée des Beaux-Arts de Nantes (95), Museum Haus Esters Krefeld (95), Center for Contemporary Art Warschau (96), Kunsthalle Tübingen (98), Kunsthalle Hamburg (98), Staatsgalerie Stuttgart (98), Leopold-Hoesch-Museum Düren (98), Galeries Contemporaines des Musées de Marseille (98), Whitechapel Art Gallery London (98), Musée d'art moderne de la Ville de Paris (99), Lenbachhaus München (00), Centre Pompidou Paris (00), Moderna Museet Stockholm (01), Museum für Moderne Kunst Frankfurt/Main. (03), Museum Ludwig Köln, Retrospektive (05/06), Museu Paco das Artes São Paulo (07), Museo Nacional de Artes Visuales Montevideo (07), Museo de Arte Lima (07), Kunstmuseum Bochum (10), Kunsthalle Zürich, Retrospektive und Ausstellung in Basel (10), Kunstmuseum Bonn (11), Museum Morsbroich Leverkusen (12), Museion Bozen (13), Economic History Museum of Sri Lanka Colombo (14), Kunsthaus Bregenz (15), Tirana National Art Gallery (17), Moderna Museet Malmö (18). Darstellerin (Kino): "Arteholic" (13).

9. Dezember 2022 - 4. Juni 2023: Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main präsentiert eine große Überblicksschau von Rosemarie Trockel.

12. November 2024 - 27. April 2025: Das Lenbachhaus in München zeigt in der Ausstellung "limitation of life" Arbeiten von Rosemarie Trockel.

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Kunstfonds Bonn (84), Stipendium des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft BDI (85), Karl-Ströher-Preis (89), Fruhtrunk-Preis (91), Konrad-von-Soest-Preis Münster (91), Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen (98), Preisträgerstipendium Günther-Peill-Stiftung Düren (98), Deutscher Pavillon Biennale di Venezia (99), Internationaler Kunstpreis der Kulturstiftung der Stadtsparkasse München (99), Kulturpreis Köln (01), Wolfgang-Hahn-Preis Köln (04), Ehrengalerie Westfalen (06), Kunstpreis der Stadt Düsseldorf (08), Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum (10), Kaiserring der Stadt Goslar (11), Wolf Preis für Kunst, Israel (11), Roswitha-Haftmann-Preis (14). Künstler-Ranking: Platz drei der bedeutendsten Künstler der Gegenwart im "Kunstkompass" (13-17).

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften: T. wurde 1995 zum Mitglied der Akademie der Künste in der Sektion Bildende Kunst gewählt. Seit 2012 ist sie Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste sowie Gründungsmitglied der Akademie der Künste der Welt in Köln. 2021 wurde T. Mitglied der American Academy of Arts and Sciences.

Adresse

c/o Galerie Sprüth Magers, Oranienburger Str. 18, 10178 Berlin, Tel.: 030 28884030, E-Mail: info@spruethmagers.com, Internet: www.spruethmagers.com



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