Herkunft
Michael Wittenborn wurde am 31. Mai 1953 in Bielefeld als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren.
Ausbildung
W. machte eine Lehre zum Schriftsetzer und absolvierte 1977-1980 eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München.
Wirken
Karriere als TheaterschauspielerNach seiner Schauspielausbildung verbrachte W. seine ersten Bühnenjahre am Theater Wuppertal, am Landestheater Tübingen und am Staatstheater Stuttgart. Ab 1988 gehörte er zum Ensemble des Theater Basel unter Intendant Frank Baumbauer. Dort war 1988 auch die Premiere von Patrick Barlows "Der Messias" unter Regisseurin Nikola Weise zu sehen– eine Komödie über zwei Laien, die in wechselnden Rollen die Weihnachtsgeschichte proben. Das Stück führen W. und Schauspielkollege André Jung seit mehr als 30 Jahren noch immer (Stand: 2023) auf verschiedenen Bühnen auf.
1993 folgte W. Intendant Baumbauer ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg, wo er bis 2000 zum Ensemble gehörte. Anschließend wechselte er - erneut mit Baumbauer - an die Münchner Kammerspiele, 2004-2007 spielte er dann am Burgtheater Wien, bevor er 2007 mit seiner Frau, der Regisseurin Karin Beier ans Schauspiel Köln ging, wo Beier die neue Intendantin wurde. 2013 wechselte das Paar ans Deutsche Schauspielhaus nach Hamburg, wo W.s Frau erneut die Intendanz übernahm. Unter Beiers Regie spielte W. dort auch 2023 beim "Anthropolis"-Projekt, für das Roland Schimmelpfennig eine Reihe von Neufassungen antiker Stücke verfasste. DIE ZEIT (16.11.2023) bezeichnete W. als "leibhaftigen roten Faden des Projekts", an dessen Auftritten "sich die Temperaturkurve des Ganzen beschreiben" ließe.
W. spielt meist nicht die strahlenden Helden, sondern widersprüchlich-brüchige Rollen. Über sprachliche Nuancierungen gelängen ihm "faszinierende Bühnenporträts von Menschen", schrieb Die Deutsche Bühne (1/2009) und meinte weiter: "Wittenborns große Stärke ist es, sich in die – oft eher beschränkten oder bösartigen – Figuren hineinzufühlen und zugleich auf komische Weise ihre ,Qualitäten’ zu offenbaren."
Karriere als Film- und TV-SchauspielerAb Anfang der 1980er-Jahre wirkte W. als Nebendarsteller in diversen Film- und Fernsehproduktionen mit, darunter zahlreiche Serien und mehrere "Tatort"-Folgen. In der Krimiserie "Der Dicke" gab er von 2009-2012 einen Pensionswirt. Eine größere Rolle übernahm W. in der TV-Komödie "Halbe Hundert" (2012) als untreuer Ehemann von Hauptdarstellerin Martina Gedeck, wofür die beiden viel Lob erhielten. In der tragenden Rolle eines unkonventionellen Jugendamtsmitarbeiters sah das TV-Publikum W. in "Der Polizist, der Mord und das Kind" (2017), als Vater einer zerrütteten Familie im Drama "Auf dem Grund" (2019) und als Rentner, der gemeinsam mit seiner Frau Suizid begehen möchte, in "Irgendwann ist auch mal gut" (2020). Für seine Darstellung eines Demenzkranken in der tragikomischen Familienserie "Merz gegen Merz" (2019-2021) wurde W. mit dem Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen ausgezeichnet.
Ab 2006 übernahm W. auch vermehrt Nebenrollen in Kinofilmen, u. a. als Chef des Protagonisten (Daniel Brühl) in der Komödie "Ein Freund von mir" (2006) und als Vater der späteren RAF-Terroristin Gudrun Ensslin (verkörpert von Lena Lauzemis) in "Wer wenn nicht wir" (2011). Seine erste Kino-Hauptrolle hatte W. 2014 in Ralf Westhoffs Komödie "Wir sind die Neuen" über ein lebenslustiges Freundestrio (W., Heiner Lauterbach und Gisela Schneeberger), das eine Alt-68er-WG gründet und dabei mit einer biederen Studenten-WG in Konflikt gerät. Für diese Rolle erhielt W. 2015 den Deutschen Schauspielerpreis. Danach gab W. Sandra Hüllers Auftraggeber in der oscarnominierten Komödie "Toni Erdmann" (2016), den depressiven Zimmergenossen von Wotan Wilke Möhring in der Komödie "Happy Burnout" (2017) und einen windigen Tantra-Lehrer in "Wie gut ist deine Beziehung?" (2019). 2022 war er in einer Nebenrolle in der oscarprämierten Erich-Maria-Remarque-Adapation "Im Westen nicht Neues" (Regie: Edward Berger) zu sehen. Eine Hauptrolle übernahm W. in Karsten Dahlems Spielfilmdebüt "Die Geschichte einer Familie" (2023) als alkoholabhängiger Vater einer Stuntfrau (Anna Maria Mühe), die nach einem Unfall im Rollstuhl in ihr Heimatdorf zurückkehrt. Das Kritikportal epd-film.de (26.5.2023) lobte den Film und schrieb, W. und Mühe verliehen "ihren Figuren eine Tiefe, die schmerzt".
Familie
W. lebt in Hamburg. Seit 2001 ist er mit Regisseurin und Intendantin Karin Beier verheiratet. Sie haben die gemeinsame Tochter Momo. Aus erster Ehe hat W. einen erwachsenen Sohn, Nico.
Werke
Theaterrollen: "Der Messias" (UA 88; Basel), "Warten auf Godot" (Premiere 11; Köln), "Prolog/Dionysos" (UA 23, Hamburg), "Ödipus" (UA 23, Hamburg), "Antigone" (UA 23, Hamburg); zudem Rollen auf verschiedenen Bühnen in u. a. "Herr Puntila und sein Knecht Matti", "Leonce und Lena", "Der Menschenfeind", "Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen", "Gott des Gemetzels", "Peer Gynt", "Die Nibelungen", "Robin Hood", "Effie Briest", "Anna Karenina".
Film u. a.: "Das zweite Gesicht" (82), "Bella Martha" (01), "Yella" (07), "Stromberg - Der Film" (13), "Wir sind die Neuen" (14), "Toni Erdmann" (16), "Happy Burnout" (17), "In My Room" (18), "Wie gut ist Deine Beziehung?" (19), "Deutschstunde" (18), "Curveball" (20), "Und morgen die ganze Welt" (19), "Fabian oder der Gang vor die Hunde" (21), "Chaos und Stille" (22), "Die Geschichte einer Familie" (23), "Grüße vom Mars" (angek. für 24).
TV u. a.: "Tatort" (ab 86 mehrere Folgen), "Treibjagd" (03), "Der Dicke" (09-12; Serie), "Mord mit Aussicht" (12-14; Serie), "Der Fall Jakob von Metzler" (12), "Der Tatortreiniger" (11/18; Serie), "Halbe Hundert" (12), "Wellness für Paare" (16), "Der Polizist, der Mord und das Kind" (17), "Merz gegen Merz" (19-21; Serie), "Auf dem Grund" (19), "Unter Freunden stirbt man nicht" (20), "Merz gegen Merz - Hochzeiten" (23).
15. August 2024: Amazon Prime Video: "Perfekt verpasst" (Deutschland 2024). Produzenten: Anke Engelke, Bastian Pastewka, Claudius Pläging,Sebastian Colley, Jule Everts, Philipp Käßbohrer. Regie: Sabine Boss, Nicolas Berse-Gilles. Buch: Sebastian Colley, Claudius Pläging, Sintje Rosema, Fabienne Hurst. Darsteller: Anke Engelke (Maria Lampe), Bastian Pastewka (Ralf Hartmann),Michael Wittenborn (Wilhelm, Marias Vater), Momo Beier (Lotta Hartmann), Lea Freund (Lily Hartmann), Caro Scrimali (Heike Hartmann), Fritzi Haberlandt (Nikki), Henny Reents (Johanna Augustin), Melodie Simina (Sophie), Peter Jordan (Jochen), Thomas Bastkowski (Jochen), Serkan Kaya(Max), Edin Hasanovic (Hakan). Inhalt: Eine Marburger Buchhändlerin um die 50 und der ungefähr gleichaltrige Besitzer eines Sportgeschäfts, beide Singles, beide aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden mit ihrer Lebenssituation, könnten ein großartiges Paar abgeben – wenn sie sich denn nur begegnen würden! Doch bevor das Schicksal die beiden zusammentreffen lässt, müssen sie ihre jeweiligen Probleme erkennen und angehen: Er muss die Scheidung von seiner Frau verdauen und sich mit seinen beiden Teen-Töchtern zusammenraufen, sie sich am bisher unverwirklichten Traum, als Schriftstellerin zu reüssieren, an einer unbefriedigenden Affäre und zwei ehemaligen Freundinnen abarbeiten. Serie. (film-dienst 35/2024)
22. September 2024: Premiere am Deutschen Schauspielhaus, Hamburg: „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Bertolt Brecht. Mit Joachim Meyerhoff, Lilith Stangenberg, Michael Wittenborn u. a. Regie: Karin Beier.
7. November 2024: Kinostart (D): "Spirit in the Blood" (Deutschland/Kanada/Frankreich 2024; "SPIRIT IN THE BLOOD" ). Produzenten: Noah Segal, Kari Hollend, Verena Gräfe-Höft. Regie: Carly May Borgstrom. Buch: Carly May Borgstrom. Darsteller: Summer H. Howell (Emerson Grimm), Sarah-Maxine Racicot (Delilah Soleil),Michael Wittenborn (Pastor Carl), Greg Bryk (Julian Grimm), Michelle Monteith (Anna Grimm), Kimberly-Sue Murray (Gracie Soleil), Sarah Abbott (Abby),Lyla Elliott (Rachel). Inhalt: Eine Jugendliche zieht mit ihren Eltern tief in die kanadische Provinz, wo diese sich einer sektenhaften Gemeinde anschließen. In den Wäldern scheint ein Monster zu lauern, das für das Verschwinden einer Schülerin verantwortlich sein könnte. Mit einem selbst ersonnenen Ritual wollen die Zugezogene und eine neue Freundin eine mythische Kraft aktivieren, um das Monster zu bekämpfen. Horrordrama. (film-dienst 43/2024)
Auszeichnungen
Auszeichnungen u. a.: Grimme-Preis (13), Deutscher Schauspielerpreis (15 als bester Schauspieler in einer Komödie für "Wir sind die Neuen"; 17 als Ensemblemitglied in "Wellness für Paare"), Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen (20).
Adresse
c/o Sandra Rudorff Künstleragentur, Postfach 55 08 10, 22568 Hamburg, Tel.: 0589 689 64, E-Mail: agentur@sandrarudorff.de, Internet: www.sandrarudorff.de