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Manfred Stohl

Manfred Stohl

österreichischer Autorennfahrer (Rallye)
Geburtstag: 7. Juli 1972 Wien
Klassifikation: Automobilsport
Nation: Österreich
Erfolge/Funktion: Gruppe-N-Weltmeister 2000
über 100 Starts bei der Rallye-WM

Internationales Sportarchiv 41/2006 vom 14. Oktober 2006 (mb)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 08/2017


Der Österreicher Manfred Stohl bekam die Motorsport-Gene von seinem Vater Rudi übertragen. Mit 19 Jahren trat der Junior in die Fußstapfen seines Vaters und absolvierte 1991 seinen ersten Rallye-WM-Einsatz. Jahrelange kämpfte er als Privatfahrer um Sponsoren und Werksunterstützung, wusste aber trotz kleiner Budgets mit großartigen Leistungen zu überzeugen. In der Saison 2000 avancierte er zum Weltmeister der seriennahen Gruppe-N-Autos. In der WRC-Königsklasse sorgte er mit sporadischen Einsätzen immer wieder für beachtliche Außenseiterleistungen, ehe ihm 2005 mit einer Fahrt aufs Podium die große Überraschung gelang. Spätestens nach seinem insgesamt 100. Rallye-WM-Lauf hatte sich Stohl im Jahr 2006 in der Weltspitze etabliert.

Laufbahn

Manfred Stohl wurde das Talent für den Motorsport quasi in die Wiege gelegt, wuchs er doch als Sohn der österreichischen Rallye-Legende Rudi Stohl auf. Der Heranwachsende Manfred Stohl - mit den Spitznamen "Mandi" oder "Stohlito" bezeichnet - widmete sich indes zunächst dem Zweiradsport. Auf Motocross-Maschinen sammelte er ab 1982 erste Erfahrungen. "Mein Schwiegervater hat ihm mit zehn Jahren sein erstes Motorrad gekauft. Damit war es um den Buam geschehen" (Sport Woche, Nr. 10a, Rallye 2001), so Vater Rudi Stohl rückblickend. Zahlreiche Teilnahmen an nationalen Meisterschaften sowie beim Hallencross in Wien folgten, ehe Manfred Stohl nach einer beim Armeedienst zugezogenen Handverletzung und wegen mangelnder Trainingsmöglichkeiten auf weitere Motocross-Rennen verzichtete.

Im Jahr 1991 bestritt Manfred Stohl schließlich erste Auto-Rallye-Rennen, nachdem er zuvor als Beifahrer seines Vaters erste Erfahrungen im Rallye-Sport gesammelt hatte. Beim traditionellen Harrach-Sprint durfte der 19-Jährige erstmals das Steuer übernehmen. "Am ersten Tag bin ich gefahren, am zweiten Tag Mandi. Er ist auf Anhieb die schnelleren Zeiten gefahren. Damals hat er geglaubt, er könne übers Wasser gehen" (Sport Woche, Nr. 10a, Rallye 2001), berichtete der Vater. Noch im selben Jahr bestritt der Sohn bei der Rallye Elfenbeinküste auf einem Audi 90 Quattro seinen ersten WM-Lauf. Sporadisch ging Stohl-Junior auch in den nächsten Jahren bei Rallye-WM-Läufen an den Start, doch als Privatfahrer musste er stets auch die Finanzierbarkeit eines solchen Unterfangens abwägen. "Wenn du nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung hast, dann musst du dir eben die Frage stellen, was besser ist. Fünf Rallyes in einem mittelmäßigen, aber sündteueren World Rallye Car zu fahren, oder eine komplette WM-Saison in einem Top-Gruppe-N-Auto" (isk, 7.12.2000), so Stohl, für den das Abwägen ein ständiger Begleiter in der Karriere blieb.

Die beiden Teilnahmen von Manfred Stohl an den WM-Rallye-Läufen 1992 ließen ihn und seinen vom Vater übernommenen Beifahrer Peter Müller auf Rang 41 erstmals in den offiziellen Platzierungslisten auftauchen. Darüber hinaus bestritt der Privatfahrer diverse Läufe in seiner Heimat und gewann 1993 und 1994 den Harrach-Sprint. Nachdem sich der Youngster in den Folgejahren mit weiteren Achtungserfolgen sowie 1996 einem dritten Platz in der Österreichischen Rallye-Meisterschaft empfahl, bekam er zur Saison 1997 einen Vertrag vom Europa-Werksteam Mitsubishis angeboten. "Er hat bisher alles erfüllt, was ich von ihm erwartet habe. Sein Fahrgefühl ist enorm. Für mich zählt er mit Alister McRae zu den schnellsten Nachwuchspiloten" (Presse, 14.4.1997), so Teamchef Ingolf Raiss, der zugleich darauf verwies, dass Stohl vom Kopf her noch Privatfahrer sei und nun verankern müsse, "dass es fürs Schraubenziehen Mechaniker gibt" (Presse, 14.4.1997). Neuling Stohl beendete die WM-Saison der seriennahen Gruppe-N-Autos als hervorragender Dritter. 1998 führte der Österreicher die WM-Wertung zeitweise gar an, bis ihn ein Fahrfehler bei der Griechenland-Rallye um den WM-Titel brachte (Andrea Voigt-Neumeyer, Rallye Story 1998). Die Vize-Weltmeisterschaft bedeutete für Stohl, der zudem erneut dritter der Österreichischen Rallye-Weltmeisterschaft wurde, dennoch einen tollen Erfolg.

Nach dem vierten WM-Rang 1999 avancierte Manfred Stohl am Ende der Saison 2000 zum Gruppe-N-Weltmeister. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen" (MSA, 28.11.2000), so Stohl, der sich als erster Österreicher überhaupt diesen Titel sicherte. "Vier Jahre lang habe ich auf den Titel hingearbeitet, habe alles andere hinten-angestellt" (isk, 7.12.2000), freute sich der Champion, dem ein Stein vom Herzen fiel. Lob gab es für diesen Triumph auch von der deutschen Rallye-Legende Walter Röhrl. "Er hat sein Talent überall unter Beweis gestellt - auf Schnee, Schotter, Asphalt, wenn er in Monaco am Abgrund vorbeifuhr. Er ist sehr komplett" (Sport Woche, 4.12.2000), zollte Röhrl dem Österreicher Anerkennung. In 14 WM-Rennen blieb Stohl nur einmal ohne Punkte.

Für die Saison 2001 hoffte Manfred Stohl auf "die große Chance von WM-Starts in der Gruppe A" (Sport Woche Nr. 10a, 2001), musste aber zunächst nach einem neuen Co-Piloten Ausschau halten, da sein langjähriger Partner Peter Müller mit einem Kreuzbandriss längere Zeit ausfiel. Die Wahl fiel auf eine Frau: Ilka Petrasko (später Minor). Die Suche nach einem WRC-Team gestaltete sich schwierig, Stohl schmollte. "Es ist fast unanständig, was die Teams verlangen - wo bleibt der WM-Bonus?" (MSA, 16.1.2001), ärgerte er sich. "Der Titelverteidigung gilt 2001 bestimmt nicht mein Hauptaugenmerk" (MSA, 16.1.2001), bekräftigte er seinen Entschluss, in die Gruppe A zu wechseln.

Als daraus nichts wurde, bestritt er 2001 erneut die Gruppe-N-Weltmeisterschaft und wurde Gesamt-Dritter. 2002 wurde gar zum Überbrückungsjahr: Stohl fuhr nur sporadisch in der Gruppe-N-WM auf einem Ford Focus RS sowie in der Europameisterschaft und wurde dort am Ende Zwölfter. Daneben aber fand Stohl Zeit, sein eigenes Team zu gründen und seriennahe Gruppe-N-Autos für Kunden einzusetzen (Andrea Voigt-Neumeyer, Rallye Story 2002).

Zur Saison 2003 erhielt Manfred Stohl endlich den langersehnten Werksvertrag in der WRC-Rallye-WM. "Der Tag der Hyundai-Werksvertragsunterzeichnung war einer der schönsten" (Sport Woche, 21.7.2003), erinnerte sich der Wiener. Doch als den Koreanern das Geld ausging, musste Stohl auf einen betagteren Peugeot 206 wechseln. Ein respektabler siebter Platz bei der Rallye Wales in Großbritannien sollte schließlich das beste Saisonergebnis in der Weltelite werden, im Gesamtklassement reichte es für den Österreicher zu Rang 19. Für 2004 blieb Stohl aufgrund des Reglements, das nur zwei feste Piloten pro Team erlaubte, ein fixer WRC-Werksplatz verwehrt (Sport Woche, 3.2.2004). Dennoch sorgte er bei sporadischen Starts erneut für Furore und stellte seine internationale Klasse unter Beweis (MSA, 8.6.2004). Die Ungewissheit, ob sich weitere WRC-Einsätze realisieren ließen, blieb Stohls steter Wegbegleiter.

Als Glücksfall erwies sich für Manfred Stohl 2005 die Möglichkeit der Kooperation zwischen seinem österreichischen OMV-Team mit dem Kronos-Team, das wiederum auf den 2004er-Citroen von Weltmeister Sébastien Loeb zurückgreifen konnte (SPORTMAGAZIN, 9/2005). Damit startete Stohl schließlich bei den WRC-Rallyes in Monte Carlo, Neuseeland sowie Sardinien und erreichte drei Top-10-Platzierungen in Folge. Seinen bis dato größten Erfolg jedoch landete er schließlich bei der Rallye Zypern, wo er gemeinsam mit Co-Piloten Ilka Minor aufs Podium fuhr und hinter Loeb Rang zwei belegte. Trotz dieses historischen Erfolges für einen österreichischen Rallye-Piloten, der besten Privatfahrerleistung seit fast einem Jahrzehnt (Sport Woche, 9.8.2005), "ist das Handy die meiste Zeit stumm geblieben" (SPORTMAGAZIN, 9/2005), die nationale Anerkennung seiner internationalen Erfolge blieb Stohl nahezu verwehrt.

Die internationale Fachwelt indes registrierte diese Leistung. "Für meine Reputation war dieser zweite Platz in Zypern unglaublich, die Reaktionen waren überwältigend. Schau dir die internationalen Zeitungen an. Die haben ihre Geschichte fast alle an mir festgemacht" (Sport Woche, 9.8.2005), freute sich Stohl und beklagte gleichzeitig das Missverhältnis zwischen einheimischer und internationaler Berichterstattung. Am Saisonende belegte er als Citroen-Semi-Profi den sensationellen neunten Platz im WRC-WM-Gesamtklassement.

Zwar setzte Manfred Stohl im Jahr 2006 wieder auf Peugeot, doch in der Weltspitze hatte sich der Österreicher mittlerweile etabliert. Er wurde zum ersten Österreicher überhaupt, der an allen 16 WM-Läufen eines Jahres teilnehmen sollte. Bei der Rallye Argentinien, die er letztlich als Gesamtvierter beendete, absolvierte er seinen mittlerweile 100. WM-Einsatz. Von den aktiven WM-Piloten wiesen lediglich Marcus Grönholm und Harri Rovanperä mehr WM-Starts auf (MSA, 25.4.2006). Der "rüstige Hunderter" (Sport Woche, 25.4.2006) Stohl schrieb somit ein weiteres Kapitel österreichischer Motorsportgeschichte und setzte sich zum Ziel, weiter unter den Top 4 der Weltmeisterschaft zu bleiben (Sport Woche, 25.4.2006). Trotz dieses Erfahrungsschatzes "sehe ich mich eher als Jungspund" (Eurosport AutoMagazin, 6/2006), bekannte Stohl und deutete damit indirekt an, sein Karriereende sei noch lange nicht in Sicht. Als sportliche Vorbilder bezeichnete Stohl "Leute wie Kankkunen und Sainz, die über Jahre Top-Leistungen bringen" (Sport Woche, 21.7.2003).

Informationen und Meldungen zum weiteren Fortgang der Karriere siehe Journal

Persönliches

Als Kind wollte Manfred Stohl "Erfinder werden" (Sport Woche, 21.7.2003), doch schnell teilte er die Leidenschaft seines Vaters Rudi für den Motorsport. Der Kfz-Meister und spätere Werkstattleiter Manfred Stahl gründete schließlich seine eigene Firma, die Stohl Racing GmbH. "Stohl Racing läuft gut, wir setzen Autos in der Rallye-WM, aber auch in nationalen Meisterschaften wie Österreich, Italien oder Rumänien ein" (Sport Woche, 21.7.2003), so der Firmenboss, der gerne eine Fahrt im WRC-Auto "mit meiner Freundin und meinen Mechanikern bei einer Sonderprüfung in Finnland machen würde" (Sport Woche, 21.7.2003).

Manfred Stohl bezeichnet Skifahren, Jetskifahren sowie Motocross als liebste Hobbys (www.stohl.at). Der Sushi-Fan ist zudem Fußball-Anhänger von Rapid Wien, grundsätzlich aber ist ihm " Fußball zu langatmig" (Sport Woche, 21.7.2003). Als größten Wunsch und Herausforderung bezeichnet er es, "einmal im Leben in einem Militärjet mitzufliegen" (Sport Woche, 21.7.2003).

Adresse

c/o Stohl Racing GmbH, Eurostraße 5, 2301 Groß Enzersdorf, Österreich, Tel.: +43 2249 28050, E-Mail: office@stohl-racing.com, Internet: www.stohl-racing.com

Karriere in Zahlen

Erfolge:

1992: 41. FIA-Rallye-WM
1993: 65. FIA-Rallye-WM
1996: Dritter Österreichische Rallye-Meisterschaft
1997: WM-Dritter Gruppe-N-Autos
1998: Dritter Österreichische Rallye-Meisterschaft
1998: Vize-Weltmeister Gruppe-N-Autos
1999: WM-Vierter Gruppe-N-Autos
2000: Weltmeister Gruppe-N-Autos
2001: WM-Dritter Gruppe-N-Autos
2002: Zwölfter FIA-Rallye-EM
2003: 19. FIA-Rallye-WM
2004: 18. FIA-Rallye-WM
2004: WM-Sechster Gruppe-N-Autos
2005: Neunter FIA-Rallye-WM
2006: Fünfter FIA-Rallye-WM*
* nach elf von 16 Läufen

Journal

Ergänzungen aus MA-Journal. Die nachfolgenden Meldungen werden bei der nächsten redaktionellen Bearbeitung in den Text integriert.

27. Oktober 2006 - 29. Oktober 2006: Rallye, 14. Lauf in Australien: Petter Solberg belegt nach drei Etappen und 26 Wertungsprüfungen den zweiten, Manfred Stohl den dritten Platz.

16. November 2006 - 20. November 2006: Rallye, 15. WM-Lauf in Neuseeland: Marcus Grönholm gewinnt nach 17 Wertungsprüfungen. Manfred Stohl wird Dritter.

1. Dezember 2006 - 3. Dezember 2006: Rallye, 16. (und letzter) WM-Lauf in Großbritannien. Marcus Grönholm gewinnt Manfred Stohl und Petter Solberg.

3. Dezember 2006: Rallye, WM-Endstand nach 16 Läufen: Sébastien Loeb gewinnt mit 112 Punkten die Fahrerwertung vor Marcus Grönholm (111 Punkte). Manfred Stohl (54) wird Vierter, Petter Solberg (40) Sechster.

27. November 2015: FIA-Rallycross, Fahrerwertung, WM-Endstand nach 13 Saisonrennen: Petter Solberg gewinnt auf einem Citroën DS3 mit 301 Punkten den Titel in der Klasse "Supercar WRX". Solberg hat drei Rennsiege auf seinem Konto. Mattias Ekström (Audi S1) belegt mit 201 Punkten den sechsten, Manfred Stohl (Ford Fiesta) mit 82 Punkten den elften und Timo Scheider (Audi S3) mit einem Punkt einen 34. Platz.

Februar 2016: Es wird bekannt, das der österreichische Autorennfahrer Manfred Stohl das World Rallycross Team Austria nach nur einer Saison als Fahrer wieder verlässt.

Februar 2017: Manfred Stohl meldet kurz vor Nennschluss zur Saison 2017 einen eigenen Rennstall namens STARD (Stohl Advanced Research & Development) in der Rallycross-WM an.



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