Johannes Poethen
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Internationales Biographisches Archiv
Johannes Poethen war der Sohn eines Realschullehrers. Er wuchs in einem katholischen Milieu auf, das seine Kindheit und Jugend stark prägte.
Er ging in Köln, danach auch in Schwaben und in Bayern zur Schule und wurde noch 1944 als Luftwaffenhelfer zur Wehrmacht eingezogen. Nach dem Krieg legte P. in Köln das Abitur ab und studierte in Tübingen Germanistik (zus. mit Martin Walser und Siegfried Unseld) sowie - bei dem klassischen Philologen Walter F. Otto (u. a. "Die Götter Griechenlands") - griechische Mythologie, die wesentlich für seine Poetik und zum Impuls zahlreicher Reisen nach Griechenland wurde, deren erste er schon 1954 unternahm.
P. hatte bereits in jungen Jahren und auch als Luftwaffenhelfer Gedichte geschrieben, bevor 1947 in der "Neuen Rundschau", einer damals in Stockholm erscheinenden, von deutschen Emigranten gelesenen Zeitschrift, erstmals seine Sonette veröffentlicht wurden. P., dem das Dichten "zum schieren inneren Zwang" geworden war, hatte ein großes Echo erzielt und ließ sich später als freier Schriftsteller in Hirschau bei Tübingen nieder. Durch die Vermittlung Martin Walsers kam er 1956 zum Süddeutschen Rundfunk (SDR) nach Stuttgart. Er arbeitete dort als freier Mitarbeiter und, Ende der siebziger Jahre, als Redakteur in der Abteilung Literatur und Kunst des SDR-Hörfunks. In Stuttgart entwickelte er sich auch - so die Stuttgarter Zeitung (11.9.1993) - zum "Literaturbeförderer und Kulturbeweger", baute das Schriftstellerhaus mit auf und führte Rathauslesungen, Lyrikseminare und Schullesungen durch. Immer auch mischte P. sich "weltbezogen" ein.
Neben sprachmächtigen Essays, die von der großen Faszination zeugen, die Griechenland auf ihn ausübte, veröffentlichte P. - nach frühen, an Eichendorff und Hölderlin orientierten Gedichten - Texte, die lange Zeit die griechischen Mythen als Quelle erkennen ließen. Mitte der siebziger Jahre, so im 1976 erschienenen Sammelband "Rattenfest im Jammertal", gewannen zeitkritische Töne und Bezüge zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen Priorität, während er sich zugleich von der formalen Strenge seiner frühen Lyrik löste und sie gegen eine oft lakonische Kürze und vieldeutige Wortverknüpfungen und -spiele austauschte. Doch die "Position des Zeitrichters", meinte Harald Hartung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (7.8.1976), habe er damit nicht aufgegeben. Thaddäus Troll, der ihn 1977 dazu drängte, sein Nachfolger als Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) in Baden-Württemberg zu werden, beschrieb P. als Literaten, der "Buchstaben wäscht, Silben reinkratzt, Sätze untertaucht (und) Atemraum entwirft". Anlässlich seines 65. Geburtstages charakterisierte die Stuttgarter Zeitung (11.9.1993) seine Dichtung u. a. mit den Worten: "Da stehen hoher Ton neben rüdem Jargon und den Metaphern der Zeitkritik, des Sarkasmus, der Bitterkeit auch, die aber immer wieder einschwingt in den poetischen Ausdruck des Dennoch, des Trotzdem, der hoffenden Anrufung des lyrischen Du."
P.s Lebenswerk umfasst 25 Gedicht- und Essaybände, die u. a. ins Englische, Französische, Ungarische, Rumänische, Polnische, Neugriechische, Arabische und Serbokroatische übersetzt wurden.
Der Lyriker war verheiratet und Vater einer Tochter. Am 9. Mai 2001 starb P. nach schwerer Krankheit in einem Stuttgarter Krankenhaus.
Buchveröffentlichungen/Gedichte u. a.: Erste Gedichte 1947 und 1949, "Lorbeer über gestirntem Haupt" (52; Ged.), "Risse des Himmels" (56; Ged.), "Stille im trockenen Dorn" (58), "Ankunft und Echo" (61; Ged.), "Baumgedicht" (61), "Episode mit Antifanta" (61), "Gedichte" (63), "Wohnstatt zwischen den Atemzügen" (66; Ged.), "Kranichtanz" (67; Ged.), "Aus der unendlichen Kälte" (69; Ged.), "Im Namen der Trauer" (69), "Gedichte 1946-1971" (73), "Rattenfest im Jammertal. Gedichte 1972-1975" (76), "Der Atem Griechenlands" (77; Essays), "Ach Erde du Alte. Gedichte 1976-1980" (81), "Schwarz das All - Vier Zyklen" (84; Ged.), "Auch diese Wörter" (85; Ged.), "Eines Morgens über dem Golf. 14 Gedichte" (86), "Urland Hellas. Reisen in Griechenland" (87; Essays), "Wer hält mir die Himmelsleiter. Gedichte 1981-1987" (88), "Auf der Suche nach Apollon. Sieben griechische Götter in ihrer Leidenschaft" (92; Essays), "Die Möwen der Hagia Sophia. 14 Gedichte" (92), "Das Nichts will gefüttert sein" (95; Ged.), "Zwischen dem All und dem Nichts" (95; Ged.), "Von Kos bis Korfu. Sieben Inseln. Mythen, Geschichte, Gegenwart" (98), "Solange das Spiel dauert - l'espace d'un jeu" (99; dt.-franz. Ged. mit zwei Briefen von Paul Celan). Hinzu kommen zahlreiche Radio-Essays und u. a. die Schallplatte "Johannes Poethen liest Gedichte aus den Jahren 1946-1971". P. war Mitherausgeber der Anthologie "Lyrik aus dieser Zeit" (65/66 u. 66/67).
Auszeichnungen u. a.: Hugo-Jacobi-Dichterpreis (59), Förderpreis der Stadt Köln (62), Förderpreis zum Immermannpreis der Stadt Düsseldorf (67), Bundesverdienstkreuz am Band (76) und I. Klasse (88), Stuttgarter Literaturpreis (90), Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (98).
P. gehörte ab 1967 dem Verband deutscher Schriftsteller (VS; später in der IG Medien) an. Von 1977 bis 1988 war er Vorsitzender des VS-Landesverbandes Baden-Württemberg, der ihn anschließend zu seinem Ehrenvorsitzenden wählte. Seit 1970 war er Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, dessen Vizepräsident er 1987 wurde. Später legte er fast alle seine Ämter nieder und blieb nur noch Vorstandsmitglied des von ihm mitgegründeten Stuttgarter Schriftstellerhauses.
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