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Nation: | Syrien |
von Peter Dové
Stand: 15.06.2020
Zakariyyā Tāmir, der bis auf seine bislang letzte Prosaveröffentlichung, „al-Qunfuḏ“ (Der Igel, 2005), ausschließlich Kurzgeschichten publizierte, gilt als einer der innovativsten arabischen Gegenwartsautoren. Bekannt wurde er Ende der 1950er Jahre mit Texten, die mit den seit Beginn des 20. Jahrhunderts in der arabischen Literatur herrschenden Erzählkonventionen des Realismus brachen. Tāmir, wie auch andere Autoren seiner Generation, suchten nach neuen literarischen Ausdrucksweisen und ästhetischen Paradigmen, um die veränderte und als krisenhaft erfahrene historische Situation literarisch zu verhandeln.
Solche nicht-realistische, experimentelle Erzählweisen, die Tāmir und andere arabische Autoren initiierten, wurden prägend für die arabische Literatur der 1960er und 1970er Jahre, nicht jedoch für die syrische Literatur, für die der Realismus – und insbesondere auch der vom Regime geförderte sozialistische Realismus – das dominante ästhetische Paradigma blieb.
Thematisch setzte Tāmir sich kritisch, oft satirisch – in einer emanzipatorischen und säkularen Perspektive – mit der syrischen und arabischen Gesellschaft auseinander. Immer wiederkehrende, zentrale Themen seiner Texte sind die Unterdrückung und Zerstörung des Menschen durch einen despotischen Staat, die Korruption, die herrschende Armut, die Unterdrückung der Frau, die überkommenen Moral- und Ehrvorstellungen sowie der Umgang mit dem kulturellen ...