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Nation: | Tschechische Republik |
von Ivo Bock
Stand: 01.06.2011
Jiří Kratochvil gehört zu den profiliertesten Vertretern der postmodern-imaginativen Linie der tschechischen Prosa, die nach 1989 – zusammen mit ihrem Gegenpol, der Prosa autobiografisch-dokumentarischen Typs – eine dominante Stellung in der tschechischen Literatur errang. Dieser Richtung kann man neben seinen Werken insbesondere die von Michal Ajvaz, Daniela Hodrová und Alexandra Berková zurechnen; deutliche Parallelen zu ihr lassen aber auch die Arbeiten von Jáchym Topol, Pavel Řezníček, Sylvie Richterová, Vladimír Macura und Miloš Urban erkennen. Die Literaturkritik hebt ihre Nähe zum Surrealismus und magischen Realismus sowie konkret zu Jorge Luis Borges, Umberto Eco und den US-amerikanischen Postmodernisten (John Barth, Thomas Pynchon und Paul Auster) hervor.
Die tschechische postmodern-imaginative Prosa zeichnet sich vor allem durch folgende, einander teilweise überlappende Merkmale aus:
1. Abkehr von der Ästhetik des Realismus und der Mimesis (Wirklichkeitsillusion) hin zur Hervorhebung der Fiktionalität und des konstruktiven Charakters der Literatur, Problematisierung der Beziehung zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
2. Relativismus oder noetische Skepsis: Vermittlung verschiedener Versionen der dargestellten Welt, deren (fiktionaler) Wahrheitsgehalt oft nicht eindeutig ist.
3. Mischung von „Hohem“ und „Niedrigem“ ...