Von Jean-Pierre Salgas
1945–1990: Entstehung und Struktur des literarischen Feldes“Die Leser finden Gefallen an den kritischen Arbeiten von Blanchot, die die Apokalypse verkünden, aber zugleich auch an den Romanen von Sagan, in denen sich diese Apokalypse keineswegs zeigt, und seltsamerweise sind diese Leser – häufiger als man denkt – genau dieselben.” Dieser Satz, den Julien Gracq (geb. 1910) in seinem Essay “Pourquoi la littérature respire mal” (“Warum die Literatur schwer atmet”) 1960 formulierte, kann den folgenden Ausführungen als Motto dienen. Denn das scheinbare Paradox umreißt den Gegenstand genau: Nicht die “französische Literatur seit 1945” mit Autoren, Werken, literarischen Schulen und Strömungen kann dargestellt werden – dies würde Bände füllen –, sondern vielmehr ihre Verknüpfung in einem gemeinsam geteilten Raum, die Art ihrer Wechselwirkung – es gibt nie einen ,Einfluß’, sondern Überdeterminierungen, ästhetische Kreuzungen, die in den Werken selbst begründet sind. Es geht also um das, was Pierre Bourdieu (geb. 1930) als das “literarische Feld” bezeichnet, das den einzelnen Werken vorausgeht: um einen autonomen Bereich (doch durchaus nicht unabhängig von der Gesamtheit des gesellschaftlichen Bereichs), in dem die jeweiligen Positionen angeordnet sind, die Relationen von Buch zu Buch, von Autor zu Autor, ...